Leadership | Coaching | Kolumne 2
Durch Seminare zum echten Leader?
Führen lernen? Wer zeigt Führungskräften, wie sie mit ihren Mitarbeitern umgehen müssen? Der Markt für Leadership-Seminare ist groß. Mit der Virtual-Reality-Brille trennt Springer-Autor Ralf Gasche die Spreu vom Weizen. Menschen, die einem Chef persönlichoder in zweiter Führungslinie anvertraut sind und von seinen Entscheidungen abhängen, sollten menschlich, professionell und unternehmerisch zielorientiert behandelt werden. Wie kann man diesen Kraftakt meistern und dabei möglichst echt sein? Mein Vorschlag: Um diese Fragen zufriedenstellend zu beantworten, nutzen wir in den nächsten Minuten einfach modernste Technik: Virtual Reality (VR). Mit einer entsprechenden VR-Brille kann man sich das Seminar-Szenario eröffnen, das man sich wünscht.
Setzen Sie sie also auf und geben Sie sich vertrauensvoll der virtuellen Welt hin: "Immersion", Verschmelzung mit der Virtualität. Stellen Sie sich vor, wie Sie in einem ansprechenden Seminarhotel in einem schönen Raum mit einigen anderen Menschen sitzen, gespannt auf den Ausbilder und Seminarleiter und alles, was Sie lernen werden.
Im Laufe des Workshops werden Sie sanft in die Ereignisse hineingezogen, ohne Druck, aber mit sehr wertschätzender persönlicher Atmosphäre. Es wird ein Blumenstrauß an Informationen und Eindrücken für Sie ausgebreitet, aus dem Sie sich nehmen können, was Ihnen gefällt und Ihnen wichtig ist. Druck gibt es keinen, seltsam, das Lernen macht Spaß. Es ist sehr interessant, von den anderen Seminarteilnehmern zu hören, wie Sie den Führungsalltag meistern.
Irgendwie gelingt es dem Seminarleiter, ständig etwas Neues und Interessantes zu machen, andere Vorgehensweisen und Methoden anzuwenden, aber ohne, dass Stress entsteht. Sie fühlen sich rundum gut und genießen das spielerische, gleichzeitig hochkomplexe Lernen.
Unverstelltes und wertschätzendes Feedback
Der zweite Tag wird ebenfalls wieder dicht und gehaltvoll, fordert Sie sogar noch ein wenig mehr, weil Sie persönliche Rückmeldungen zu Ihrer Art, Ihrer Ausstrahlung und Ihrer Wirkung erhalten. Sie bekommen, was zu Hause kaum möglich ist, unverstelltes und wertschätzendes Feedback zu sich selbst. Wo gibt es das im Alltag? Nirgends. Im Normalfall verfolgt jeder, der mit Ihnen zu tun hat, irgendwie ein persönliches Ziel und manipuliert –absichtlich oderunabsichtlich –ein wenig an Ihnen herum. Hier nicht. Sie genießen es, klare Rückmeldungen zu bekommen.Sie lernen und lernen.Und Sie dürfen Sie selbst sein. Mit der Zeit entsteht in Ihnen ein Bild, wie Sie die Herausforderung "Führen der Mitarbeiter" gut meistern können. Nicht wie man es machen sollte, sondern wie es zu Ihnen passt. Wenn Sie es sich so recht überlegen, war der Seminarleiter eigentlich viel mehr Coach und Wegbegleiter als Vortragender und Trainer.
Checkliste, um gute Führungsseminare zu ermitteln
An dieser Stelle geht der kleine Ausflug in die virtuelle Seminar-Realität zu Ende. Gute Führungsfortbildungen entfalten ihre Kraft genauso wie beschrieben und sind sehr bereichernd. Hier noch weitere Tipps, worauf Sie achten sollten:
1. Ruhiges und gehobenes Seminarhotel mit Atmosphäre, das gut für Sie erreichbar ist.
2. Erfahrener Seminarleiter mit Führungs-Know-how und klugem didaktischem Vorgehen. Seine Vita und sein Bild sollten Ihnen zusagen, sonst wird sich Widerstand aufbauen und kein Vertrauen. Studieren Sie Webseite und Auszeichnungen. Welche Vorgehensweisen und Methoden sind erkennbar? Er sollte nicht nur ein guter Trainer, sondern vor allem ein erfahrener Coach sein und Ihnen persönlich Feedback geben können. Welche Referenzen und Empfehlungen gibt es?
3. Achten Sie auf ein Training mit Workshop-Charakter, etwas zum Mitmachen, keine PowerPoint-Vorlesung. Wichtig ist es, sich etwas zu erarbeiten und nicht nur zu konsumieren (auch wenn es verlockend erscheint).
4. Die Inhalte: Verschaffen Sie sich einen Überblick, ob alles schlüssig aufgebaut ist und das Wichtigste für Ihren Führungsalltag enthält. Die Must haves: Führungspersönlichkeit, Führungsaufgaben und Kommunikations-Knowhow. Nice-to-have: Konfliktmanagement und Tools zur Teamgestaltung.
5. Setting: Zweitägig, zur Not zweimal eintägig mit Zwischenzeit zum Ausprobieren. Kürzer bringt nicht viel. Mitstreiter: gemischt aus allen möglichen Branchen und Hierarchien (Cross-Learning). Ideale Gruppengröße: sechs bis acht Teilnehmer (höchstens zehn). Preis: mindestens rund 650 Euro pro Tag; gute Anbieter mit guten Hotels haben einfach ihren Preis. Sie werden den Unterschied deutlich spüren.
Vergessen Sie nie: Es ist eine Investition in Sie selbst. Seien Sie großzügig, das Ergebnis wird Ihnen Recht geben. VR-Brille ab und rein ins Getümmel. Viel Erfolg!
Ihr Ralf Gasche
Autor: Ralf Gasche, Springerprofessional.de, 28.12.2017